Unter den Augen des Himmels

Das Leben Rudolf Steiners

von Andreas Laudert | 12.02.2025

Was gibt es noch zu sagen zum 100. Todestag Rudolf Steiners? Wohin kann sich der Blick richten, rückwärts historisierend, selbstzufrieden kritisch, ja blasphemisch oder hagiographisch verklärend? Andreas Laudert geht in seinem Buch über Steiner in sich, steht mit dem Standbein in der Gegenwart und erkundet mit dem Spielbein Vergangenheit und Zukunft.


EAN 9783856362805

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Was gibt es noch zu sagen zum 100. Todestag Rudolf Steiners? Wohin kann sich der Blick richten, rückwärts historisierend, selbstzufrieden kritisch, ja blasphemisch oder hagiographisch verklärend? Andreas Laudert geht in seinem Buch über Steiner in sich, steht mit dem Standbein in der Gegenwart und erkundet mit dem Spielbein Vergangenheit und Zukunft. Als Schriftsteller und Dichter genügen ihm die historischen Aspekte nicht, langweilt ihn das Alt-Bekannte sowohl der Kritik als auch der Verehrung.

Er fasst sich ein Herz und nimmt sich des Themas persönlich an. Was bleibt von Steiners Werk und Biographie, das immer noch zukünftiges, unausgeschöpftes Potential hat? Diese schöpferische Dimension des Menschen Rudolf Steiner und seines Werkes interessiert ihn, alles andere kann heute bereits Chatgpt formulieren und wiederholen. So entsteht ein Text, der im Prozesshaften bleibt und den Kern von Steiners Werk spiegelt, das Unabgeschlossene, ständig sich Erneuernde und Erweiternde, manchmal auch scheinbar Widersprüchliche. Ein inneres Gespräch.

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Zeitenwende ist ein eigentümliches, vielschichtiges Wort. Denn wer wendet die Zeiten? Macht die Zeit es selbst? Hat sie ein Selbst? Steiner sprach nun in Vorträgen häufiger vom «Zeitgeist». Ist der Mensch, der sich mit dem Zeitgeist verbindet, bei den Wendungen zum Guten der entscheidende Faktor? In diesem Zusammenhang nahm Steiner vermehrt Bezug auf mittelalterliche Hierarchien- und Engellehren und die Namen, die solchen uns zeitweise leitenden kosmischen Wesen dort gegeben werden. Vor allem dem «Erzengel Michael» oder der Qualität des «Michaelischen» wird der erstaunte Leser in Steiners Gesamtwerk immer wieder begegnen. Mit ihm wird traditionell das Attribut der Waage assoziiert. Das Abwägen, die Scheidung von Wesentlichem und Unwesentlichem bei der Urteilsbildung, die mutige Unbestechlichkeit sind weitere Motive. Der Mut, zu sich selbst zu stehen, auch wenn alle Welt einen zu Schritten zwingen will, die, würde man sie mitmachen, Kettenreaktionen der Unwahrhaftigkeit auslösen würden.

Es braucht Mut, ausgleichend zu wirken. Verantwortung zu übernehmen für eine eigene freie Entscheidung, und diese erst dann zu treffen, wenn sie gereift ist. Für Steiner löst der Zeitgeist des Michaelischen den Menschen auch aus den Fesseln der lähmenden Erwartungen an Institutionen. Parolen wie «Wir sind das Volk!» oder, in jüngster Zeit, «Wir sind jetzt Verfassungsschutz», vor dem Hintergrund von demokratiegefährdendem Extremismus, mögen diesen Umschwung in den Seelen andeuten, wenn auch die Regierenden aus Eigeninteresse gern auf diesen Zug aufspringen oder ihn gar selbst aufs Gleis gesetzt haben: Jeder übernimmt Verantwortung für das Ganze, weil das Ganze im Einzelnen lebt. Weil auch ich ausgegrenzt werde, wenn mein Nächster ausgegrenzt wird


Leseprobe

Envoi

Dass die Anthroposophie das eigene Leben völlig verwandeln kann, mag nachvollziehbar sein. Dass sie es in Wahrheit zerstört, klingt hingegen pathetisch oder absurd. Und doch ist es so. «Zerstörung» ist eine notwendige Energie; sie setzt etwas frei. Der junge Rudolf Steiner wünschte sich 10 sogar in einem Fragebogen einen Beruf, bei dem man «vor Energie zugrundgehen» könne. Doch dass das Neue, das aus Zäsuren und Krisen erwächst, nicht sofort sichtbar ist, kann auch verunsichern.

Franz Kafka sprach hinsichtlich seines Schreibens und seiner Existenz im Angesicht des Sterbens resignativ von etwas einerseits Halbzerstörtem, andererseits Halbfertigem, woraus er sich nun neu aufbauen müsse. Ohne Hoffnung auf ein Weiter,

Das vorliegende Buch ist nicht von jemandem verfasst, der sich bereits so tief in Steiners Werk hineingearbeitet hätte, dass er gleichsam vollkommen vergeistigt, ja «blind» daraus lebte. Vielmehr befinde und begreife ich mich in einem Gespräch mit ihm. Irgendwie einem nachgeholten Gespräch, irgendwie einem ständig aktuellen, oft auch nur punktuellen, anlassbezogenen – das mir wesentlich geworden ist, gerade in Bezug auf den Tod.

Aus diesem Prozess sind in den vergangenen Jahren Essays und Publikationen hervorgegangen, deren Bedeutung oft gar nicht im eigentlichen Text, im Geschriebenen lag, sondern in dem, was daraufhin auf der biografischen Ebene geschah. Der Auftrag für das vorliegende Buch – ursprünglich erteilt vom Rudolf Steiner Verlag – wieder also ein fliegender Wechsel Richtung Zukunft – erscheint als Summe oder Schlusspunkt, von dem aus alles Geschaffene und alle früheren Bemühungen in den Umkreis entlassen werden können.

 

Erscheinungsdatum: 13.02.2025
Auflage: 1
Seiten: 264
Format: 18,0 cm x 11,5 cm
Produktform: Buch, mit Klappen, Taschenbuch
Produktinhalt: Text, Abbildungen, Diagramme, Charts, Grafen

ISBN: 978-3-85636-280-5