Gespräche mit Rudolf Steiner über Malerei
Erinnerungen von fünf Pionieren des neuen Kunstimpulses
von Peter Stebbing (Hg.) |
Erinnerungen von fünf Pionieren des neuen Kunstimpulses. Maria Strakosch-Giesler / Hilde Boos-Hamburger / Henni Geck / Margarita Woloschina / Assja Turgenieff. Mit einem Vorwort von Peter Selg.
EAN 9783905919639
Hersteller: Ita Wegman Institut
Das vorliegende Buch soll wesentlich zum vollständigeren Verständnis von Rudolf Steiners Malimpuls und zu dessen Anerkennung beitragen. Dieser wurde nicht bloß in irgendeiner abstrakten Form an die Welt gegeben, sondern entstand als Antwort auf konkrete Fragen und Bitten verschiedener Künstler an Rudolf Steiner. Die fünf in diesem Buch zu Worte kommenden Künstlerinnen, welche heute zu den wichtigsten Pionieren gezählt werden können, die damals mit Rudolf Steiner gearbeitet hatten, tragen Wesentliches dazu bei. Ohne mit dem ursprünglich Beabsichtigten genügend vertraut zu sein, lassen sich spätere künstlerische Bestrebungen im Sinne dieses Kunstimpulses nicht angemessen würdigen. So ist eines der Ziele dieses Buches, eine Grundlage für ein künftiges Verständnis dieser völlig neuen künstlerischen Stilrichtung zu schaffen.
Rezension
Was beim Lesen sehr bald auffällt, sind der tiefe, hingebungsvolle Ernst und die innere Sorgfalt gegenüber Rudolf Steiners Malerei, die in den hier versammelten Zeugnissen aufleuchten. Das ist heutzutage kaum selbstverständlich. Und es sind ja nicht Dilettanten, die so empfinden! Maria Strakosch-Giesler hatte bei Kandinsky gelernt und die wenigen Bildbeispiele geben ein eindrucksvolles Beispiel ihres Könnens. Margarita Woloschin lernte bei Ilja Repin, Abram Archipow und Konstantin Korowin und wurde selber eine bis heute in Russland bekannte Größe. Auch Assja Turgenieff, Hilde Boos-Hamburger und Henni Geck genossen professionelle künstlerische Ausbildungen und gehörten zum engsten Mitarbeiterkreis um Rudolf Steiner während der Bauzeit des ersten Goetheanums. Teilweise waren sie sogar in die Arbeit an der Skulptur des Menschheitsrepräsentanten einbezogen.
Peter Stebbing ist es gelungen, wirkliche Schwergewichte der anthroposophischen Kunst zu Wort kommen zu lassen – übrigens allesamt Frauen. (Es wären in diesem Kontext ja auch Männer zu nennen gewesen, wie etwa Hermann Linde oder Arild Rosenkrantz, aber von diesen sind bislang keine relevanten schriftlichen Dokumente bekannt.) Dabei hält sich Stebbing mit eigenen Kommentaren diskret im Hintergrund. Nur an wenigen, aber markanten Stellen streut er erhellende Anmerkungen ein. So eröffnet seine Empfehlung, eine schwer verständliche mündliche Anregung Rudolf Steiners an Strakosch-Giesler mit dessen Farbskizze ›Der dreigliedrige Mensch‹ zu vergleichen, ein ganzes Forschungsfeld. Es ist Stebbing hoch anzurechnen, dass er mit seinen eigenen Gesichtspunkten (die er offensichtlich durchaus hätte) so sparsam bleibt und die Dokumente möglichst vollständig für sich sprechen lässt. Sogar bei dem autobiografischen und methodisch hoch bedeutsamen Text Gerard Wagners (der sich in den Kontext der Geck-Schule einfügt) hat Stebbing seine umfassende Kenntnis fast gänzlich auf eine in ihrer Sorgfalt und Stimmigkeit unübertreffliche Auswahl des Bildmaterials beschränkt.
Das Mosaik der unterschiedlichen Stile der genannten Malerinnen kommt in all seiner spannungsvollen Farbigkeit zum Ausdruck. Deren Herangehensweise und ihr individueller Umgang mit Rudolf Steiners Hinweisen ist denkbar unterschiedlich. Das ist indessen kein Mangel, im Gegenteil beleuchten sich die verschiedenen Malerinnen gegenseitig und im »Dazwischen« leuchtet der Impuls Rudolf Steiners als spürbare Herausforderung auf. So entsteht ein lebendiges Bild jener Zeit, in der ein neuer Kunstimpuls entwickelt wurde. Dabei werden bisher verstreute bzw. vergriffene Dokumente nicht nur neu aufgelegt, sondern durch ihre Aufmachung und ihre Zusammenstellung auch deutlich in ihrem Wert erhöht.
Es wird in Zukunft keine ernst zu nehmende wissenschaftliche Arbeit zum Mal-Impuls Rudolf Steiners geben können, die an diesem Standardwerk vorbeigeht.
Quelle: Die Drei, Heft 6, 2016
Auflage: 1.
Seiten: 224, 157 Abb.
Einbandart: gebunden