«Big 12» der Waldorfpädagogik menschenkundliche Sach- verhalte und das Gleiche gilt für die didaktischen Methoden oder die Methoden zur Harmonisierung oder Stabilisierung der Konstitution der Kinder und Jugendlichen.
Das pädagogische Arbeiten aus Menschenkunde war für Steiner noch etwas anderes, denn «was der Erzieher tut», so Steiner in einem 1919 veröffentlichten Aufsatz, das sollte nur «in ge- ringem Maße davon abhängen, was in ihm durch allgemeine Nor- men einer abstrakten Pädagogik angeregt ist.» (24, 86) Wenn nicht neue Prinzipien und Leitlinien, was dann? Steiners Antwort ist eine Herausforderung sondergleichen:
Der Erzieher «muss (...) in jedem Augenblicke seines Wirkens aus lebendiger Erkenntnis des werdenden Menschen heraus neu geboren sein.» (24,86)
Als Erzieher in jeder pädagogischen Situation aus Erkenntnis des werdenden Menschen neu geboren werden? Diese Perspektive ist im wörtlichen Sinn «un-erhört»: eine derartige Idee gab bisher noch nie. Und verstörend radikal heißt es weiter:
«Wirklich fruchttragend werden aber nur solche Lehrer in der hier angedeuteten Art erziehen und unterrichten können, die durch ein- dringliche Menschenerkenntnis den Zusammenhang durchschauen, der besteht zwischen ihrer Methode und den in einem bestimmten Lebensabschnitt (des Kindes) sich offenbarenden Entwicklungskräf- ten.» (24, 90)
Was mit diesem Satz gesagt ist, wirkt verschreckend, wenn nicht sogar schockierend. Denn das Gesagte heißt ja im Um-
kehrschluss: Alle diejenigen Lehrerinnen und Lehrer, die nicht aus Menschenerkenntnis arbeiten, werden nicht «wirklich fruchttragend» erziehen und unterrichten können. _x0096_ Wirklich? Meinte Steiner das so, wie es formuliert ist? Es scheint so, denn unmittelbar anschließend schreibt er: