Rezension
Als Sonderheft der Zeitschrift ›Dazwischen‹ erschien zuerst im Winter 1993/94 diese kleine und inhaltsreiche Schrift von Anton Kimpfler. Angeregt durch ihre Vielfalt, Tiefe und Aktualität, hatte Johannes Greiner, selbst vielseitiger Autor und Redner, die Idee, sie neu herauszugeben, und zwar ergänzt und bereichert durch Beiträge anderer Autoren, welche die Fülle der in Kimpflers Schrift enthaltenen Gedanken zu eigenem schöpferischen Umgang mit den unterschiedlichsten Themen impulsiert hat. Eine Art Gesamtkunstwerk ist daraus entstanden. Eine weitere Besonderheit dieses Buches stellen die Gedichte dar, die Gabriele Kleber jedem Beitrag, gleichsam als Auftakt, vorangeschickt hat. Obwohl zu unterschiedlichen Zeiten entstanden, zeigen sie doch die jeweilige Tonlage der einzelnen Abschnitte an.
Diese Variationen zum Thema wurden verfasst von Corinna Gleide, Gerold Aregger, Steffen Hartmann, Johannes Greiner, Jens Göken, Gunhild von Kries, Annemarie Richards, Torben Maiwald, Rozanna Sonntag, Katharina Okamura und Sivan Karnieli. Und es ist schon bemerkenswert, wie jeder der elf Mit-Autoren gedanklich, künstlerisch und geisteswissenschaftlich, mit der Komplexität der Themen, aber auch des Stiles von Anton Kimpfler umgeht. Das Ergebnis ist ein vielseitiger Kosmos von Gedanken, Eindrücken, Kommentaren und Erkenntnissen, wo jeder Geschmack, um es bildhaft auszudrücken, auf seine Kosten kommt.
Greiner erlebte, wie er im Vorwort schreibt, dass Kimpflers Gedanken zu Fragen der Kultur, der Politik, der Wirtschaft, der Massenmedien und zu vielen anderen Aspekten unserer Zivilisation eine große Kraft innewohnt. Sie flankieren gewissermaßen, wie auch die Gedanken der anderen Mitwirkenden, das Gralsmysterium unserer Zeit. Das ist die Sonne, um die alle Beiträge, mehr oder weniger nahe, kreisen.
Im Vorwort wird eine schöne Metapher entwickelt, die den Leser auf eine besondere LeseWanderung einstimmen möchte: »Es ist, als ob man in eine Ausstellung käme, an deren Wänden Bilder hängen, die mit klaren, abgewogenen Strichen die Motive deutlich vorgemalt zeigen, daneben aber überall Farbe und Pinsel stehen würde mit dem Vermerk, dass erst die künstlerische Tat des Besuchers das Bild vollenden könne. Wer nur konsumieren möchte, wird die Gedankenräume dieser Ausführungen schnell wieder verlassen. Wer selbst in Bewegung kommen möchte, wird dankbar sein, dass ein Künstler von diesem Format ein solches Vertrauen in unsere Fähigkeiten hat und um ein Mitwirken bittet. Er wird gerne aktiv werden. Und von dieser eigenen Aktivität in die Höhe getragen werden, in der sich erst der tiefe Sinn des Gedankemalers erschließt.«
Kimpfler, selbst ein unermüdlicher Gralssucher, schreibt im Nachwort, gleichsam um sein Anliegen zu charakterisieren: »Aus der Erkenntnis des Grales ergibt sich das höchste Ideal der Entwicklung, welches für den Menschen denkbar ist. Es hängt dies zusammen mit einem vereinenden Steigern zwischen Erde und Himmel durch das mit Christus verbundene Ich.«
Diese mit Begeisterung konzipierte Schrift ist ein vielseitiger Beitrag zum Verständnis dieses umfassenden Geschehens unserer Zeit.
Quelle: Die Drei, Heft 7/8, 2018