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Rosenkreuzer
Die Rosenkreuzer
Als Rosenkreuzer bezeichnet man eine spirituelle Strömung, einen Orden und eine Bruderschaft, die von dem Mystiker und Eingeweihten Christian Rosenkreuz (alt. Schreibweise Rosencreutz oder Rosenkreutz, 1378-1484) begründet wurde. Christian Rosenkreuz schaffte damit einen erneuerten esoterischen Einweihungs- bzw. Schulungsweg zur höheren Erkenntnis und geistig-seelischen Vervollkommnung des Menschen auf der Grundlage des esoterischen Christentums, nachdem er selbst durch eine Einweihung ging. Der Initiationsweg der Rosenkreuzer stellt einen modernen, unserem Zeitalter (in der Anthroposophie das sogenannte Bewusstseinsseelenzeitalter) angemessenen Weg zur höheren Wahrheit dar, der verschiedene mystische und esoterische Strömungen des Ostens und des Westens in sich vereint. Der anthroposophische Weg der Selbsterkenntnis, den Rudolf Steiner begründet hat und bei welchem die Ich-Entwicklung zentral ist, baut unmittelbar auf diesem auf.
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Das Symbol des Rosenkreuz und der Schulungsweg der Rosenkreuzer
Zentrale Symbolik des Rosenkreuzer-Ordens ist das schwarze, manchmal auch goldene Kreuz, die von sieben aufblühenden roten Rosen (Rosenkreuz) umgeben sind. Im Kern des Rosenkreuzertums geht es um eine geistige Erneuerung des esoterischen Christentums, welche auch das Symbol des Rosenkreuzes symbolisiert. So stellt das Kreuz eine Vervollkommnung und Veredelung der Seele und des Geistes, auf irdischer (Querbalken) und geistiger (Längsbalken) Ebene dar. Der Erkenntnisweg der Rosenkreuzer vereint und erneuert Weisheitslehren, wie beispielsweise die Hermetik, die Kaballah, die Gnosis und die Alchemie und greift die urchristliche Esoterik und Mystik auf. Das Rosenkreuzertum legt den Zugang zur Geistig-Göttlichen Welt in das Innere des Menschen selbst, der unmittelbar mit dieser Ebene verbunden ist, die jedoch den herkömmlichen Sinnen verborgen ist. Mittels verschiedener Übungen soll die Seele frei werden, diese höheren Wahrheiten in sich aufzunehmen. Im Gegensatz dazu steht die kirchliche Idee der von Gott befugten Autorität, die dem Menschen von außen den Zugang zu Gottes Gnade ermöglichen will.
Rudolf Steiner zur besonderen Bedeutung des rosenkreuzerischen Einweihungsweges als Geist-Initiation statt einer Willens-Initiation:
„Dieses Moment der christlichen Entwickelung haben in der sorgfältigsten Weise, so gut es sich bei der menschlichen Schwachheit überhaupt durchführen läßt, diejenigen einhalten wollen, die sich auf den Namen der Rosenkreuzer getauft haben. Sorgfältig haben sie überall das einhalten wollen, daß selbst in den höchsten Regionen der Initiation auf nichts anderes gewirkt werden sollte als auf das, was bei Mensch und Mensch gemeinsam in der Menschheitsentwickelung zur Verfügung steht; daß nur eingewirkt werden durfte auf den Geist. Eine Geist-Initiation war die Initiation der Rosenkreuzer. Sie wurde daher niemals eine Willens-Initiation; denn der Wille des Menschen war etwas, was als ein Heiligtum im Innersten der Seele geachtet wurde. Der Mensch wurde daher zu jenen Initiationen hinaufgeführt, die ihn führen sollten über die Stufe der Imagination, Inspiration und Intuition — aber nur so weit, daß er in seinem Innern erkennen sollte dasjenige, was durch die Entwickelung des Geist-Elementes hervorgerufen werden sollte. Nicht eine Einwirkung auf das Willenselement sollte geschehen. Verwechseln wir das nicht mit einem Gleichgültigsein gegenüber dem Willen. Es handelte sich gerade darum, daß durch das Ausschließen der unmittelbaren Wirkung auf den Willen die reinste geistige Wirkung mittelbar, auf dem Umwege durch den Geist, gegeben wurde. Indem wir uns mit dem anderen Menschen verständigen über das Hineingehen in den Erkenntnispfad des Geistes, wird aus dem Geistespfade heraus das Licht und die Wärme entsendet, die dann auch den Willen anfachen können; aber immer auf dem Umwege durch den Geist, niemals anders. Daher finden wir im eminentesten Sinne jenes Moment der christlichen Wesenheit im Rosenkreuzertum beobachtet, das ausgedrückt ist in einem Zweifachen: auf der einen Seite in dem Sohnes- Element, in der Christus-Wirkung, die tief ins menschliche Unterbewußtsein hineingeht; und dann in der Geist-Wirkung, die sich auf alles erstreckt, was in den Horizont unseres Bewußtseins hereinfallen soll. Den Christus müssen wir allerdings in unserem Willen tragen; aber die Art, wie sich die Menschen im Leben über den Christus verständigen sollen, kann im Rosenkreuzersinne nur in der immer weiter- und weitergehenden, in das Okkulte hineinbohrenden Art des bewußten Seelenlebens liegen.“
- Rudolf Steiner, Von Jesus zu Christus, Rudolf Steiner Verlag, Dornach, 1988, Seite 50f
Der Orden der Rosenkreuzer
In der Geschichte traten die Rosenkreuzer erstmals im 17. Jahrhundert an die Öffentlichkeit, als zwischen 1614 und 1616 drei rosenkreuzerische Urschriften vom Calwer Theologen Johann Valentin Andreae, Mitglied des sogenannten Tübinger Kreises, verfasst wurden. Darin werden der Name Christian Rosenkreuz und der Rosenkreuzer-Orden erstmals erwähnt, weshalb behauptet wird, die Figur des Christian Rosenkreuz und die Rosenkreuzer-Bewegung seien reine Fiktion.
Die drei Manuskripte lauten:
- “Fama Fraternitatis” oder „Allgemeine und General Reformation der gantzen weiten Welt. Beneben der Fama Fraternitatis, Deß löblichen Ordens des Rosenkreutzes, an alle Gelehrte und Häupter Europä“ von 1614
- “Confessio Fraternitatis” von 1615
- “Die Chymische Hochzeit des Christian Rosenkreuz” von 1616
Bei diesen Schriften der Rosenkreuzer handelte es sich nicht um eine politische oder religiöse Reformation oder Umwälzung, wie es die Reformation 100 Jahre zuvor darstellte, sondern um eine mystische Vertiefung christlicher Werte, insbesondere durch die Symbolik und Esoterik der Alchemie. Die Schriften bedienen sich der Mysteriensprache und enthalten viele Symbole, das heißt jedes Wort, jedes Symbol transportiert eine dahinterliegende, verborgene Botschaft und Bedeutung und ist dem Leser nicht unmittelbar erkennbar.
Die Manifeste erschienen zu der Zeit, in der die Fortschritte der Naturwissenschaft und Technik zu einem Auseinanderdriften von Wissenschaft und Religion bzw. christlicher Kultur beitrugen. Ziel dieser Schriften war es demnach, dieser Entwicklung durch eine Reformierung von Wissenschaft, Ethik und Religion durch eine individuelle seelisch-geistige Entwicklung und ein tieferes Verständnis der Natur durch eine neue Betrachtung dieser entgegenzuwirken. Überdies werden die Rosenkreuzer im ersten Manifest, der Fama Fraternitatis (kurz Fama) nicht als Geheimorden oder Bruderschaft bezeichnet, sondern ihr Selbstverständnis baut auf einer vorurteilsfreien Verbreitung und Nutzbarmachung von Erkenntnissen und noch unbekanntem, unentdecktem Wissen aus anderen Kulturkreisen auf. Organisierte Gruppen von Rosenkreuzern gab es zu dieser Zeit noch nicht. 1615 folgte das zweite Manifest namens "Confessio Fraternitatis" und 1616 die "Chymische Hochzeit".
Seitdem die Rosenkreuzer-Bewegung an die Öffentlichkeit gekommen ist, wurde viel über die Echtheit dieser Schriften und der Bruderschaft diskutiert. Rudolf Steiner äußert sich dazu folgendermaßen:
„Im Jahre 1614 erschien die sogenannte «Fama Fraternitatis» und ein Jahr später die sogenannte «Confessio» - zwei Bücher, über die von gelehrter Seite viel gestritten worden ist.(...) Alles, was in die Literatur übergegangen ist, was geschrieben und gedruckt worden ist, sind einzelne Bruchstücke, einzelne verlorene, durch Verrat an die Öffentlichkeit gekommene Dinge, die ungenau und in vielfacher Weise durch Charlatanerie, Schwindel, Unverstand und Dummheit verkehrt worden sind. Die wahre, echte Rosenkreuzerei ist, seitdem sie besteht, stets nur Gegenstand mündlicher Mitteilung an solche gewesen, welche sich eidlich zur Geheimhaltung verpflichten mußten. Daher ist auch nichts Erhebliches in die öffentliche Literatur übergegangen.“
Christian Rosenkreutz und der rosenkreuzerische Einweihungsweg
Der Eingeweihte Christian Rosenkreutz gilt als der geistige Vater des Rosenkreuzertums. Nachdem er weit gereist war und selbst einen Einweihungsprozess durchlief, begründete er das Rosenkreuzertum für die Zukunft der Menschheit, die immer stärker dem Materialismus geneigt sein und das Geistige aus den Augen verlieren würde.
Zur Entstehung der Rosenkreuzertums und der Gründung des rosenkreuzerischen Schulungswegs, der die Grundlage für den anthroposophischen Schulungsweg bildet, äußert sich Rudolf Steiner:
„Christian Rosenkreutz ging in der ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts nach dem Orient, um den Ausgleich zu finden zwischen der Initiation des Ostens und jener des Westens. Eine Folge davon war die definitive Begründung der Rosenkreuzerrichtung im Westen nach seiner Rückkehr. In dieser Form sollte das Rosenkreuzertum die streng geheimgehaltene Schule sein zur Vorbereitung dessen, was der Esoterik öffentlich als Aufgabe zufallen müsse um die Wende des 19. und 20. Jahrhunderts, wenn die äußere Naturwissenschaft zur vorläufigen Lösung gewisser Probleme gekommen sein werde."
Diese Herausforderungen bezeichnete Christian Rosenkreutz (zit. nach Steiner) als:
- Die Entdeckung der Spektralanalyse, wodurch die materielle Konstitution des Kosmos an den Tag kam.
- Die Einführung der materiellen Evolution in die Wissenschaft vom Organischen.
- Die Erkenntnis der Tatsache eines anderen als des gewöhnlichen Bewusstseinszustandes durch die Anerkennung des Hypnotismus und der Suggestion.
(Zitat Rudolf Steiner ebd.)
Sobald um die Jahrhundertwende in den Naturwissenschaften Forschungen und Erkenntnisse über die Materie Auftrieb bekämen, sollten gewisse rosenkreuzerische Prinzipien und Lehren aus dem Geheimen an die Öffentlichkeit gelangen.
„Für die Zeit bis dahin wurde die christlich-mystische Initiation in der Form dem Abendlande gegeben, in der sie durch den Initiator, dem «Unbekannten aus dem Oberland» erfloss in St. Victor, Meister Eckhart, Tauler usw.“ (Lit.:GA 262, S. 23)
„Im Jahre 1459 hat der eigentliche Begründer der Rosenkreuzerströmung selbst jene Stufe erlangt, durch die er die Macht hatte, auf die Welt so zu wirken, dass von ihm aus jene Einweihung der Welt gebracht werden konnte.“ (Lit.:GA 98, S. 45)